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Kleine Geschichte der GEMA

Die Strukturen der GEMA sind historisch gewachsen. Um zu verstehen, warum es das GEMA-Monopol oder das System der Werkeinstufungen gibt (und wir uns heute damit herumschlagen müssen), sollte man sich anschauen, in welchem historischen Kontext diese entstanden sind. Aus diesem Grund möchte ich hier einen kurzen historischen Abriss über die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) geben:

1903 wurde in Deutschland die erste Urheberrechtsgesellschaft, die Anstalt für musikalische Aufführungen (AFMA) gegründet. Die Gesellschaft wurde von den damals wichtigsten Protagonisten der E-Musik (u.a. Richard Strauss) gegründet und geführt. Anders als z.B. die französische SACEM unterschied sie zwischen E- und U-Musik, und entwickelte ein kompliziertes Punktesystem, mithilfe dessen die E-Musik subventioniert wurde. Komponisten und Verleger von Unterhaltungsmusik sahen sich durch dieses Punktesystem und den Verteilungsplan der AFMA benachteiligt. Dies führte 1915 dazu, dass sich U-Musik-Komponisten abspalteten, um eine eigene Gesellschaft zu gründen, die "Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte", die sogenannte "alte GEMA".

1933 wurden beide Gesellschaften von Joseph Goebbels zur STAGMA zwangsvereinigt und verstaatlicht. Für Komponisten bestand nun eine Art Zwangsmitgliedschaft in der STAGMA.

Diese Monopolstellung der STAGMA sollte eine Förderung der "arischen Staatskultur" im Sinne der nationalsozialistischen Partei ermöglichen. Von 1933 bis 1940 musste nun auf ausdrücklichen Wunsch Hitlers ein Drittel der Einnahmen aus der U-Musik für die Subventionierung der E-Musik verwendet werden. 1940 schaffte Goebbels diese Regelung auf Druck der U-Musik-Komponisten wieder ab, in Kriegszeiten schien Zerstreuung und Ablenkung der Menschen durch U-Musik offensichtlich opportun.

Nach dem zweiten Weltkrieg führte die STAGMA ihre Arbeit unverändert fort, seit 1947 aber unter dem Namen GEMA. Vorstand und Generaldirektor bis 1989 wurde Erich Schulze. Aufsichtsratsvorsitzender ab 1950 war der Komponist Werner Egk. Sowohl Schulze als auch Egk hatten schon in der STAGMA führende Positionen innen gehabt.

Erich Schulze war es, der es gleich zu Beginn gegen sämtliche Widerstände seitens der Aufsichtsbehörden schaffte, eine Dreiklassenmitgliedschaft zu etablieren, die es künftig ermöglichte, den größten Teil der Mitglieder von sämtlicher demokratischer Teilhabe fernzuhalten. Gleichzeitig konnte er der GEMA das alte von der STAGMA geerbte staatlich legitimierte Monopol (die sogenannte GEMA-Vermutung) erhalten, obwohl die GEMA inzwischen längst ein privater Verein geworden war. Auf diese Weise wurde "Goebbels Erbe" bis heute bewahrt.

Lesetipps:
Artikel über die GEMA im Spiegel 27/1951 (Online-Archiv)
Artikel über die GEMA im Spiegel 49/1987 (Online-Archiv)


Wieland Harms
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